Stall-Portrait:  Birkenhof Wölling in Dorfen

Stall-Portrait: Birkenhof Wölling in Dorfen

Nicht weit von Bayerns Hauptstadt München entfernt betreibt Jenny Pohl den Birkenhof Wölling in Dorfen. In unserem Stall-Portrait erzählt sie von ihrem Paradies für Pferde.

Stell uns doch bitte kurz deinen Stall vor: Konzept & Art der Pferdehaltung, Größe, Pferdezahl, Weide- und Wiesenflächen, bevorzugte Reitweisen etc.

Wir sind ein reiner Freizeitstall für Pferde aller Rassen und Reiter, denen die natürlichen Bedürfnisse ihrer Tiere besonders am Herzen liegen: Also Luft, Licht, Bewegung, Sozialkontakt – und darüber hinaus vielfältige Anreize zur Beschäftigung. Auch wenn wir persönlich Gruppenhaltung im Offen-/Bewegungsstall präferieren, bieten wir zusätzlich einige wenige (Paddock)Boxen an. Allerdings nur in Verbindung mit täglichem Auslauf in der Herde. In allen Haltungsformen gibt es 24 h Heu aus eigener Ernte: Im Bewegungsstall aus zwei Großraum-Raufen mit Netz, für die Boxenpferde aus riesigen, speziellen Gitterraufen. Auf den Gruppen-Paddocks stehen dann noch Heukisten zur freien Verfügung und wir stellen in Kürze zusätzlich ein Heu-Karussel auf.
2015 haben wir 3 ha Wiese komplett neu angesät. Insgesamt stehen unseren Pferden nun knapp 5 ha Weideland zur Verfügung. Darüber hinaus ist unser Motto: „Der Weg ist das Ziel“. Während der Konzeption unseres neuen Offenstalls haben wir unsere Leidenschaft für die Idee des Paddock Trail entdeckt. Seitdem tüfteln wir immer wieder an neuen Möglichkeiten und man entdeckt überall am Hof verschiedenste Trail-Elemente wie ausgeklügelte Wegenetze, Totholz-Hecken, Kratzbäume, Bachdurchgänge, Salzgrotten … Insgesamt bietet unsere Anlage Platz für etwa 25 Pferde, die sich derzeit auf vier Gruppen (von zwei bis neun Pferden) aufteilen. Vom Isländer über verschiedene Warmblüter bis zum Vollblutaraber haben die unterschiedlichsten Typen bei uns ein Zuhause gefunden. Und so verschieden die Pferde sind, dürfen es selbstverständlich auch die Reiter sein. Unsere kleine Einstellergemeinschaft vereint Westernreiter, Gangpferdereiter und Vertreter der Englischen Reitweise im Freizeitbereich.

 

Wie spiegelt sich deine Haltung gegenüber Pferden in deinem Stall wieder? Wirkt sich das auf die Art der Pferde-Haltung?

Ich glaube, die ist nicht zu übersehen … Das Wohl der Pferde ist für mich eine Herzensangelegenheit und steht immer an erster Stelle. Futter und Einstreu in bester Qualität, luftige Ställe, am besten mit Südausrichtung, genügend Freiräume auf Paddocks und Koppeln, ein guter Rundumblick für den Wächter im Pferd und jede Menge „Enrichments“ für das Erkundungsverhalten und zur Beschäftigung der Tiere… Es gibt so vieles, was Pferde glücklich macht und wir versuchen ihnen so viel wie möglich davon zu bieten. Ziel ist es, mit durchdachten Konzepten und nach Möglichkeit naturnahen Herdenstrukturen (also gemischten Gruppen) einen Raum zu schaffen, in dem die Pferde uns Menschen eigentlich gar nicht brauchen. Unser Fokus liegt klar auf Haltung im Offen-/Bewegungsstall.

Wenn ich mir demgegenüber eine reine Boxenhaltung vorstelle mit einer Stunde täglich Einzelpaddock und vielleicht noch ein bis zwei Stunden Training, macht mich so ein mehr als 20 (!) Stunden auf sich allein gestelltes Pferd in monotoner Umgebung einfach traurig. Von der Fütterung in manchmal nur zwei Rationen ganz zu schweigen. Diese wunderbaren Geschöpfe sollten sich nach Möglichkeit frei bewegen und rund um die Uhr fressen können, so wie es die Natur vorgesehen hat.
Wenn wir unsere Boxengruppe abends in ihre „Schlafzimmer mit Balkon“ bringen, wartet dort ein fast zwei Meter hoher Heuturm in der Gitterraufe auf sie und sie müssen zumindest zwischen Raufe (auf dem Paddock), Tränke und Liegebereich (in der Box) pendeln. Sobald der Tag erwacht, kommen sie wieder ganztägig zu ihrer Herde und können nach Herzenslust laufen, toben, ruhen, fressen und entdecken. Wenn Kompromisse, dann nur so.

 

Koppel Isis 

 

Welche Pläne und Wünsche hast du für deinen Stall?

Wir haben dieses Jahr noch eine Erweiterung unseres großen Trails vor: Es wird ein Sommerbereich mit Naturboden zum befestigen Winter-Trail hinzukommen. Wir möchten einen alten Baumbestand einbinden und die Laufwege auf über einen Kilometer ausdehnen. Dann brauchen wir natürlich viele verschiedene Kiesarten, Baumstämme, Wurzeln … Wenn alles steht, möchte ich mich zwischen der Stallarbeit entspannt zurück lehnen und die Pferde im Glück ausgiebig beobachten!

 

Wie würde dein Traum-Stall aussehen?

Ich muss sagen, unsere Anlage kommt meinem Traum vom Stall schon recht nahe. Wenn wir jetzt noch Waldrandlage hätten, wäre es perfekt. So ein Trail durch den Wald mit diesem unglaublich weichen Nadel-Boden wäre toll… Ansonsten hätte ich gern noch eine große Fläche mit Hügeln aus gewaschenem Sand, wo die Pferde spielen und sich ausgiebig wälzen können. Im Gegensatz zum Wald wäre das ja zumindest umsetzbar. Ein wirklicher Wunsch-Traum wäre noch ein (Extreme) Trail-Parcours zum Training mit den Pferden auf einer Wiese am Hof oder als Hallenvariante für schlechtes Wetter.

 

Wie sieht ein Tagesablauf in deinem Betrieb aus?

Ich komme gegen 7 Uhr in den Stall und werde wiehernd begrüßt. Dann verteile ich Kraftfutter (Raufutter ist ja rund um die Uhr verfügbar) und lasse nach dem Zaun-Check die verschiedenen Gruppen auf die Paddocks oder Koppeln. Dann wird gemistet, eingestreut, die Raufen gesäubert und aufgefüllt, zum Schluss noch gefegt. Dann geht es für mich ein paar Stunden ins Home Office und zu meinem regulären Job. Mittags schaue ich wieder nach den Pferden, erledige kleinere Aufgaben oder kümmere mich um die Zaunanlage. Am späten Nachmittag hole ich dann die Boxengruppe rein, miste die vier Paddocks ab und fülle dort Heu für den nächsten Tag auf. Dann kommt noch einmal Kraftfutter und abends eine abschließende Runde durch den Stall. Dann ist meist nur noch Kauen und Schnauben zu hören.

 

befestigter Paddock und Liegehalle

 

Welche Maschinen setzt du in deinem Stall ein?

Wir haben einen alten Traktor von Deutz, der ständig am Hof steht und für das Bewegen der großen Rundballen benötigt wird. Wenn er nicht gerade in „höherer Mission“ auf dem Feld im Einsatz ist, haben wir außerdem einen Fendt Xylon zur Verfügung. Beide Traktoren gehören unserem Verpächter, der uns auch Arbeiten wie das Abziehen der Wiesen, des Reitplatzes, das Ausbringen des Pferdemistes und vor allem die Heuernte abnimmt.

 

Welche Ausbildung hast du selber als Stallbetreiber?

Eine pferdebezogene Ausbildung habe ich nicht. Als gelernte Industriekauffrau bringe ich lediglich einen betriebswirtschaftlichen Hintergrund mit und habe seit mittlerweile zehn Jahren eigene Pferde. Ich würde es als Quereinstieg mit viel Herzblut bezeichnen.

 

Welche Fortbildungen hast du schon besucht?

Ich habe 2015 einen einwöchigen Kurs mit Prüfung für den Sachkundenachweis Pferdehaltung nach § 11 des Tierschutzgesetzes besucht. Darüber hinaus setze ich auf gute Fachliteratur und den Austausch in Foren – es geht nichts über Erfahrungen und offene Kommunikation mit Gleichgesinnten.

 

Bachdurchgang mit Flusssteinen

 

Welche eigenen Angebote bietest du an (Reitunterricht, Seminare, Ausritte etc.)?

Reitunterricht und Co. überlasse ich den Profis. Ich selbst bin reiner Freizeitreiter und biete bei uns am Hof keine Zusatzleistungen zur Pferdepension an. Selbstverständlich darf aber jeder unserer Einsteller Reitlehrer kommen lassen, die dann auf der Anlage unterrichten. Der große Vorteil sind die unterschiedlichen Ansätze und Reitweisen, die wir somit kennenlernen und der Freiraum, selbst seinen Trainer wählen zu können.

 

Hast du ein Qualitätsmanagement in deinem Stall? Wie stellst du sicher, dass alles gut läuft?

Die meiste Zeit erledige ich die Stallarbeit zu großen Teilen selbst oder gemeinsam mit meinem Freund. Dabei habe ich genaue Vorstellungen, wie alles auszusehen hat: Gründliches Abmisten, saubere Raufen und ein gepflegtes Gesamtbild sind mir sehr wichtig. Wie oben beschrieben, ist auch der Ablauf jeden Tag sehr strikt geregelt. Pferde sind Gewohnheitstiere und das muss in allen organisatorischen Dingen Berücksichtigung finden.
Sollte ich ungeplant einmal nicht da sein, sind Fütterungszeiten und -Mengen sowie Besonderheiten zu einzelnen Pferden in einer Liste vermerkt, die immer in der Scheune aushängt. Um Verwechslungen zu vermeiden, hat jede Box zusätzlich eine Nummer und es hängen Listen mit den wichtigsten Infos zu jedem Pferd im jeweiligen Stalltrakt. Der Impfplan hängt in der Sattelkammer und im Büro habe ich außerdem einen Ordner, in dem die Entwurmungen geplant und dokumentiert sind. Vieles halten wir auf Papier fest. Für zusätzlichen und schnellen Austausch mit allen Einstellern haben wir außerdem eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet. Das erleichtert vieles!

 

Paddockbox von innen

 

Ist dein Stall ein Hobby, Nebenerwerb oder musst du davon leben? Wie kannst du für dich eine Wirtschaftlichkeit erzielen?

Der Stall läuft bei uns als Gewerbe im Nebenerwerb und dient parallel der Basis-Finanzierung unserer Hobby-Pferdezucht. Deshalb habe ich meinen ursprünglichen Vollzeit-Bürojob praktisch halbiert und arbeite nun ein paar Stunden täglich im Home Office. Mein Gehalt daraus ist weiter meine finanzielle Basis. Da wir noch im Aufbau sind und einen großen Anteil der Einnahmen re-investieren, wird es noch einige Zeit dauern bis wir tatsächlich einen Gewinn erzielen. Aber was könnte ein schönerer Lohn sein, als zufriedene Pferde?

 

Was zahlt man als Einsteller bei dir pro Pferd und Monat und was ist darin enthalten?

Paddockboxen und Boxen: 300 und 260 Euro mit täglichem Misten, Einstreu, 24 h Heu und täglichem Auslauf auf Paddock/Koppel in der Herde (Kraftfutter ist nicht enthalten, kann bei Bedarf aber 2 x tgl. durch uns gefüttert werden)
Offenstall/Bewegungsstall: 260 € mit 2 x täglich misten, 24 h Heu und permanentem Auslauf auf Paddock/Koppel in der Herde (Kraftfutter ist nicht enthalten)

 

Weitere Infos unter www.birkenhof-woelling.de