Pleite, Pech und Arbeitsplatzverluste: Pferdesteuer wirkt

AufmacherMit Bad Sooden Allendorf hat die erste Gemeinde die Einführung einer Pferdesteuer zum 01.01.2013 beschlossen. Bürgermeister Hix ist der Meinung, dass „jeder sein Scherflein beitragen muss und dass alles, was Luxus ist, mehr besteuert werden kann als die Grundversorgung“. Doch leider zeigen sich schon jetzt die Auswirkungen der Steuer, denn das Naturhaus Alte Hainsmühle, ein beliebter Stall in der Gemeinde Bad Sooden Allendorf mit mehreren Angestellten steht jetzt kurz vor der Pleite und muss vermutlich seine Angestellten entlassen.

Besitzerin Doris Stephan ist tief betroffen und enttäuscht von der Politik: „Die Pferdesteuer bedeutet für uns die Pleite, unsere Einsteller gehen alle weg und ich kann meiner Angestellten in diesem Jahr zu Weihnachten vermutlich nur die Kündigung geben.“

Doris Stephan ist 59 Jahre alt, Hauswirtschaftsmeisterin mit Ausbildereignung, Heilpraktikerin für Mensch und Pferd, Therapeutin für tiergestützte Interventionen und –Pädagogik, IHK-Ausbilderin für Tierpfleger - Schwerpunkt Tierheim und Tierpension und der betriebliche Schwerpunkt der Hainsmühle liegt in der Pferdepension mit derzeit zwölf Einstellplätzen. Doris Stephan und ihr Mann besitzen zudem acht eigene Pferde, von denen fünf Therapiepferde für tiergestützte Interventionen bei verhaltensauffälligen Kindern (z. B. ADHS) oder tiergestützte Pädagogik (wie z. B. Kinder-Ranch-Tage, Pony-Play-Day, Kindergeburtstage) zum Einsatz kommen.

Doris-Stephan

Doris Stephan ist tief betroffen und enttäuscht von der Politik


Wie sie erzählt, kauften die beiden vor 20 Jahren die damals abgewrackte ehemalige Wassermühle, die im Grenzland zu Thüringen liegt und bis in die 50-iger Jahre Kornmühle war. Im Laufe der Jahre haben sie daraus einen funktionierenden landwirtschaftlichen Betrieb mit Pferdezucht und Haltung aufgebaut, das Anwesen saniert und ökologisch ausgebaut. Zusätzlich wurden so nach und nach im Umkreis vom Haus Wiesen gekauft.
„Mein Mann und ich haben uns mit dem Anwesen einen Lebenstraum erfüllt und nun droht alles wie ein Kartenhaus zusammen zu fallen. Erst vor vier Jahren bewirkten wir durch die Zustimmung der Stadtverordneten, dass wir im sogenannten Außenbereich überhaupt bauen durften. Dazu war eine kostspielige Bauleitplanänderung notwendig. 2009 haben wir dann die neue Reithalle mit angegliederten Paddock-Boxen (Einzel- und Laufboxen mit Zugang zum großen Gruppenpaddock von dort Zugang zu bestimmten Koppeln) eingeweiht und nun sind es die gleichen Stadtverordneten, die für die PST gestimmt und uns somit zum Tode verurteilt haben“, berichtet Doris Stephan voller Traurigkeit.
Für Doris Stephan bedeutet das auch das Aus für weitere Ausbaupläne: „Wir waren gerade in der Planung, die Funktion eines Pferde-Intensivpflegehofs auszubauen, da wir dafür sicherlich die Fachkompetenz besitzen.
Bei mir ist eine festangestellte Tierpflegerin, diese habe ich selber ausgebildet, des Weiteren zwei Auszubildende sowie eine EQJ-Praktikantin (Einstiegsqualifizierung Tierpflege), diese haben wegen mangelnder Zukunftsperspektive alle drei hintereinander die Ausbildungsverträge gekündigt und sind nicht mehr am Hof.

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Erst 2009 wurde die neue Reithalle mit angegliederten
Paddock-Boxen eingeweiht.

 

Doch nicht nur die Ausbaupläne sind Makulatur, schon jetzt zeigt die Pferdesteuer massive Auswirkungen: „Bereits mit dem Aufkommen erster Gerüchte wegen einer möglichen Pferdesteuer so Anfang/Mitte Oktober 2012 sagten mir Kunden, die ab November bei mir Pferde einstellen wollten, ab“, berichtet Doris Stephan und fährt fort: „Die sind lieber in Nachbarorte gegangen, wo keine Steuer geplant ist. Mittlerweile haben wir nur noch vier Einsteller und auch die haben uns schon signalisiert, dass sie bis Ende des Jahres den Stall verlassen werden. Das bedeutet für mich das Aus, mangels „Arbeitsmittel“ war ich dann die längste Zeit eine Tierpension und damit kann ich auch keine Tierpfleger mehr ausbilden.“

traktor

Ungewiss ist, wie lange Lothar Stephan noch so unbeschwert
Traktor fahren kann.

 

Doch nicht nur die Tiere verlassen Doris Stephan, auch für die Mitarbeiter ist das Ende in Sicht: „Betroffen sind neben meinem Mann und mir die verbliebene Arbeitskraft und mit der drohenden Pleite ist leider auch das Studium meiner jüngsten Tochter amWackeln, das wir dann kaum mehr finanziell unterstützen können. Einen neuen Auszubildenden finde ich schon gar nicht mehr, denn die sagen wegen der Pferdesteuer alle ab. Die festangestellte Tierpflegerin mit 25 Wochenstunden wird vermutlich ebenfalls gehen müssen. Und am Ende der Kette betrifft es natürlich auch die Bauern, von denen wir unser Heu und Stroh bekommen, die Futtermittelhändler und ganz viele Kinder, die dann hier nicht mehr Kontakt mit den Tieren haben können. Das Schlimmste ist aber, dass eine immens hohe, sofortige Rückzahlung der Vorsteuer (durch den Bau der Halle) auf uns zukommen würde, falls ich die Pferdepension und den gesamten Betrieb aufgeben müsste. Da bleibt dann nur noch der Strick.“

 

eselreiten

Angebote für Kinder gehörten bisher zum festen
Programm der Hainsmühle.

 

Die Stephans haben auch schon das Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht: „Bereits vor dem Beschluss haben wir an alle Gremien und Parteivorsitzenden sowie an die Vorsitzende der Stadtverordneten geschrieben (siehe Kasten) und es gab ein etwas zweistündiges Gespräch mit dem Bürgermeister, der meinte, dass unsere Tiere eventuell befreit werden könnten. Natürlich erst nach einer entsprechenden Überprüfung. Er sagte uns auch, dass er nicht glaube, dass die Pferdesteuer negative Auswirkungen haben würde, schließlich müsse jeder bereit sein, die Stadt zu retten. Unser Hinweis, dass die Leute den Stall verlassen werden und neue potentielle Kunden bereits abgesagt haben, tat ihm zwar sehr leid, aber die Stadt muss aus seiner Sicht eben gerettet werden. Aus meiner Sicht geschieht das aber auf Kosten Unschuldiger und ist maßlos ungerecht. Die Grundsteuer, die Gewerbesteuer und der Strom werden ja auch erhöht und das betrifft uns ja zusätzlich in besonderem Maße. Hinzu kommt die Tatsache, dass unsere eigenen Tiere noch nicht mal unser besteuertes Gelände verlassen.“
Einen Ausweg sehen Doris Stephan und ihr Mann derzeit leider nicht: „Wir können ja noch nicht mal verkaufen oder verpachten! Wer würde den Laden übernehmen, wenn da die Pferde besteuert werden? Das heißt, sogar die Immobilie ist auf den Wert „Null“ gesunken!“


Weitere Infos unter www.hainsmuehle.de

Hauslogo

 

Brief von Doris Stephan an die Gemeinde Bad Sooden Allendorf

An die Gremien der Stadt Bad Sooden-Allendorf
Herrn Bürgermeister Hix
die Stadtverordneten c/o Vorsitzende Frau Silvia Börner, Eschenweg 8
an den Finanzausschuss c/o Vorsitzende Frau Dorothee Junkermann
an den Parteivorsitz der CDU c/o siehe oben D. Junkermann, Kirchstr. 11
an den Parteivorsitz der SPD c/o Lothar Nöding, Ackerstr. 28
an den Parteivorsitz der Grünen c/o Regine Henke, Eschenweg 15
an den Parteivorsitz der FDP c/o Margit Pfeil, Gartenstr. 20
an den Parteivorsitz der FWG c/o Ulrich Heffner, Egerländer Str. 30
an den Vorsitzenden des Bauernverbandes Werra-Meißner-Kreis Uwe Roth
Betrifft das Thema : „Erhebung einer Pferdesteuer für Bad Sooden-Allendorf“

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Vor fast genau 4 Jahren beschlossen die Stadtverordneten aufgrund unseres Antrags der Möglichkeit geplanter Betriebserweiterung, dass wir im sog. Außenbereich eine Reit- und Bewegungshalle mit Stallerweiterungen bauen dürfen. Es wurde von uns für sehr viel Geld eine Bauleitplanungsänderung in die Wege geleitet. Vor genau 3 Jahre feierten wir die Einweihung der Halle und so nach und nach kamen Stall-Anlagen dazu. Diese Stallanlagen beherbergen unsere Zuchtstuten, Fohlen, 1-2-jährige Aufzuchtstuten, Gnadenbrotpferde, Pony´s und Eselchen für die tiergestütze Therapie, Pensionspferde unter denen sich auch chronisch kranke Pferde befinden.

Was vielleicht für die Stadt BSA der Schutzschirm bedeuten mag, dass bedeutet für uns der Fallschirm mit hammerhaft hartem und schmerzlichen Aufschlag!!! Schon alleine jetzt, als „nur“ das Thema Pferdesteuer gemunkelt wurde, doch die Buschtrommeln werden unterschätzt, riefen für November eingeplante Kunden bei mir an, dass sie im Hinblick der absolut unsinnigen Steuer lieber in einen Stall ziehen, an Orten, die keine Pferdesteuer erheben.

Peng! Mit einem Schlag 6 Interessenten weniger, die keine Kunden bei mir werden! Unmögliche Umsatzeinbuße bedeutet das für unseren Betrieb, der wie sich ein Finanzausschussmitglied geäußert hat, mit einer Luxussteuer bedacht sein soll!!?? Hat der überhaupt eine kleine Ahnung davon, wie es sich anfühlt, wenn durch unmögliche und unfaire Maßnahmen ein florierender Betrieb in den Ruin getrieben wird? Wir haben jetzt, ich betone jetzt zu diesem Zeitpunkt die Aufstallungen, damit bis zum Wintereinbruch alle Pferde ein Dach über den Kopf haben und auch versorgt werden. Wir haben für gut 9.000 Euro, in Worten Neuntausend Euro, Vorräte an Heu, Stroh und Einstreu im Sommer im Hinblick und Anfragen bezüglich weitere Einstellpferde, bei den Landwirten in unserem Landkreis eingekauft und bei uns eingelagert und das auf Vorkasse. Wir werden auf unseren Vorräten sitzen bleiben, der Stall wird leer sein!

Unsere jetzt noch verbliebenen Pensionsnehmer haben uns gestern, einen Tag nach der Bürgerversammlung mitgeteilt, wenn die Steuer erhoben wird hier im Ort, dann gehen sie dorthin zurück wo sie her gekommen waren (Kassel, Helsa, Eschwege, Hohengandern, Uder etc.) AB DIESEM ZEITPUNKT IST UNSERE PFERDEPENSION KEINE TIERPENSION MEHR!! Das hat zur Folge, dass ich nun dann nicht mehr ausbilden kann, da mein „Betriebsmaterial“ abhanden gekommen ist, soll heißen, eine fest angestellte Tierpflegerin, welche ich selber ausgebildet habe, ein Azubi, der für die Ausbildung extra nach Sooden umgezogen ist, sowie ein EQJ-Praktikant werden sofort ihren
Job verlieren, da keine Umsätze mehr reinkommen werden. Eigentlich fehlte uns bis jetzt noch ein zweiter Azubi, doch die Eltern mehrerer Bewerber drängten die Kinder zur Absage, da ja dann wohl der Betrieb in Kürze nicht mehr existent sein könnte, das Risiko sei einfach zu hoch…Vielen Dank BSA sei an dieser Stelle gesagt. Ich selber werde dann viel mehr Stallarbeiten haben, das hat zur Folge, dass ich keine Therapiestunden einplanen kann, also wieder Umsatzeinbuße etc. pp.

Dann stellt sich ja wohl die berechtigte Frage, nach welchen Kriterien soll denn besteuert werden? Da machen sich das die Herrschaften der Stadt ja ganz einfach 1. Pferd 200 Euro, für das 2. Pferd 180 Euro! Hallo?? Pferd ist nicht gleich Pferd! Es gibt z. B. Fohlen, diese sind versicherungsrechtlich bis zum vollendeten 1. Lebensjahr bei den Müttern mit versichert. Dann gibt es auch Gnadenbrotpferde, chronisch kranke Pferde, akut kranke Pferde, Beistellpferde, Reitpferde, Voltigierpferde, Pferde welche erst in Ausbildung sind….etc. etc. Ein Pferd sollte wenigstens 3 Jahre alt sein, dann ist es eine lange Zeit zunächst Lehrling. Dann gibt es eine große Anzahl an Pferden, die verlassen noch nicht einmal das Betriebsgelände wofür üblicherweise Grundsteuer erhoben wird und man noch sonstige Ausgaben hat.

Mein Vorschlag an Sie alle, schauen Sie in Ihren Büchern nach wo die Finanzknackpunkte sitzen, was da erhebliches Geld gekostet hat und immer noch verursacht und setzen Sie da die Schere an, bevor Sie Unschuldige zu unfairen Zahlungen zwingen!

Wir haben für unsere Betriebserweiterung 300.000 Euro, in Worten Dreihunderttausend Euro, investieren müssen, wir haben Abträge zu leisten, Versicherungen zu zahlen, müssen Futterkosten bestreiten, haben Mitarbeiter zu bezahlen – Sie werden den Untergang unseres Betriebes zu verantworten haben!

Keine Stadt und kein Landkreis in Hessen hat bis jetzt die Pferdesteuer festgelegt – BSA würde dann also Vorreiter sein, aber sicherlich bald ohne Pferde.

Viele werden ihre pferdischen Kumpel abschaffen müssen, es wird ganz viel Pferdefleisch auf den Markt kommen.
Auch ist unser Anwesen im Wiederverkaufswert auf den Wert „Null“ gesunken. Es wird sich niemand finden, der einen Pferdehof kaufen würde, wenn er für die Tiere Steuern zahlen soll und er, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, auch noch zu besteuernde Pensionspferde annehmen muss.

Um zu diesem Zeitpunkt weiteren Schaden von unserem Betrieb abzuwenden, erwarte ich eine unverzügliche Entscheidung, wird Steuer erhoben ja oder nein!? Wenn „Ja“, wie werden die Modalitäten gestaltet sein und unter welchen Schutzschirm wir unseren Betrieb dann stellen dürfen?

 

Bad Sooden-Allendorf, 15. Okt. 2012-10-14
Doris Stephan Lothar Stephan