Pferdesteuer auf Fehmarn? Ohne den Bürgermeister

buergermeisterkleinAuf Fehmarn, einer Ostsee-Insel, sind Pferde ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und für den regen Tourismus unverzichtbar. Seit 2011 gibt es dort auch einen Bürgerhaushalt, bei dem die Bürger der Kommune Vorschläge für den Haushalt einreichen können. 2012 findet man dort einen Vorschlag, eine Pferdesteuer in Höhe von 250 Euro pro Jahr einzuführen, da die Pferde Straßen und Wege mit Pferdeäppeln verunreinigen. Wir haben den parteilosen Bürgermeister Otto-Uwe Schmiedt nach dem aktuellen Stand der Dinge gefragt.

Vielleicht können Sie sich unseren Lesern in zwei bis drei Sätzen kurz vorstellen? Ich finde es immer wichtig, die Menschen zu zeigen, mit denen man spricht.
Ich heiße Otto-Uwe Schmiedt und bin seit 1.5.2003 parteiloser Bürgermeister der Stadt Fehmarn. Diese ist am 1. Januar 2003 durch Zusammenlegung von vier eigenständigen Kommunen im Rahmen eines Gebietsänderungsvertrages entstanden. Somit bin ich als hauptamtlicher direkt gewählter Bürgermeister für die gesamte Insel Fehmarn zuständig.

Für alle, die das Thema Pferdesteuer noch nicht so genau kennen, können Sie ganz kurz erläutern, um was genau es sich dabei handelt, was geplant ist und um welche Summen es hier geht?
Im Rahmen der Diskussion zu einem Bürgerhaushalt für das Haushaltsjahr 2012 wurde ein Vorschlag zur Einführung einer Pferdesteuer eingebracht. Reitpferde verschmutzen den Straßenraum und straßenreinigungspflichtige Bürger haben dann diese Fremdverschmutzungen zu beseitigen. Das wurde vom Vorschlagenden als Ungerechtigkeit empfunden. Außerdem sieht der Vorschlagende Pferde als Luxusgut an, deren Haltung besteuert werden sollte.

buergermeistergross

Bürgermeister Schmiedt ist gegen

eine Pferdesteuer, da er die

wirtschaftlichen Folgen für deutlich

schlimmer hält.

Wie wir gehört haben, kommt für Sie eine Pferdesteuer nicht infrage, stehen Sie noch zu dieser Aussage oder möchten Sie das Thema wieder diskutieren, nachdem es als Vorschlag im Bürgerhaushalt aufgetaucht ist?
In den Haushaltsberatungen für 2012 bekam der Vorschlag zur Einführung einer Pferdesteuer keine entsprechende Mehrheit. Im Bürgerhaushalt für 2013 wird allerdings jetzt die Einführung einer Katzensteuer diskutiert, deren Einführung allerdings unwahrscheinlich scheint.

Sie haben 2011 ein Bürgerhaushalts-Projekt gestartet. Wie gehen Sie damit um, wenn Bürger nun solche Forderungen, wie z.B. die Pferdesteuer, einreichen? Wie ist der Ablauf? Werden die Fakten geprüft?
Alle Vorschläge werden elektronisch eingebracht. Dann im Rahmen eines datengestützten Programmes abgestimmt. Vorschläge, die eine Mehrheit erhalten, werden in die Beratungs- und Beschlussphase eingebracht und diskutiert. Vorschläge die dann eine kommunalpolitische Mehrheit erhalten gehen in Umsetzung.

Welche Gründe sehen Sie für eine Einführung einer solchen Steuer?
Erzielung von Einnahmen und Verbesserung der städtischen Reinigungsleistung durch Bereitstellung zusätzlicher Mittel.

Welche Gründe sprechen dagegen?
Die Pferdehaltung auf der Insel Fehmarn ist ein touristisch wichtiges Element. Es gibt zahlreiche Reiterhöfe, die dieses Geschäftsfeld besetzten. Der örtliche Ring-Reiterverein Fehmarn feierte dieses Jahr sein 100 jähriges Bestehen. Außerdem ist die Stadt Fehmarn im Jahr 2004 vom Landesverband als pferdefreundliche Gemeinde ausgezeichnet worden. Jeder Reitgast bringt hohe Finanzkraft auf die Insel.

Wie viele Pferde bzw. betroffene Halter gibt es im Gebiet der Gemeinde Fehmarn?
Wir gehen von ca. 1.800 Pferden aller Arten aus. Die Halterzahl ist nicht bekannt, da es auch viele „Unterstellpferde“ gibt.

Welche Gesamteinnahmen erhoffen Sie sich davon?

Laut Fachliteratur könnten Steuersätze von 750,- Euro zulässig sein. Würden alle 1.800 Pferde nach Einführung der Steuer hier verbleiben, wären rechnerisch 1,35 Mio. möglich. Allerdings wurde signalisiert, dass alle Pferdehalter bei diesem Alleingang der Kommune die Insel verlassen würden. D.h. die Einnahme wäre dann Null.

Welche Verwaltungskosten stehen dem gegenüber?
Mit entsprechenden Kontrollaufwand ca. 65.000,- Euro pro Jahr.

Haben Sie bei den Pferden im Gemeindegebiet Kenntnisse, in wie weit die Besitzer sich diese Steuer leisten können?
Pferdehaltung ist ein schon teures Hobby.

Haben Sie schon mit den Reiterinnen und Reitern vor Ort gesprochen, was eine Pferdesteuer für Auswirkungen hätte?
Der örtliche Verein hatte als Interessenvertretung umgehend Kontakt aufgenommen und sich argumentativ eingebracht.

Spielt so eine Überlegung eine Rolle, ob die zu Besteuernden das überhaupt leisten können?

Nein, ist im Steuerrecht nicht vorgesehen.

Wären davon nicht auch viele Betriebe wie Reitställe, Gastronomie, Tierärzte, Vereine, Schmiede und Reiseanbieter betroffen?
Ja, wie bereits ausgeführt, wäre ein immenser Kaufkraftverlust eingetreten.

Viele Pferdebesitzer und Reitschulbetriebe berichten aber, dass die jetzige Abgabelast schon sehr hoch ist und sie diese Steuer nicht 1-zu-1 auf die Kunden übertragen könnten. Panikmache oder berechtigte Sorge?
Pferdezucht und Haltung sind aufwendig. Kosten sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen.

Würde das nicht besonders in ländlichen Regionen zu einer Ausdünnung des Angebots an Arbeitsplätzen führen?
Ja, in der Tat würden in der Steuergemeinde Arbeitsplatzverluste entstehen.

Gibt es Reitwege oder Verordnungen, mit deren Hilfe die Reiter gelenkt werden?

Nein, Bewegungsrahmen außerhalb der Höfe mit ihren Anlagen ist historisch gewachsen. Natürlich sind Strandausritte ein Highlight.

Haben Sie schon von Schäden an Straßen und Wegen gehört, die von Reitern stammen?
Ja, leider kommt es vor, dass vor allem unsere Gästereiter die wassergebundenen neuen Radwege nutzen. Dort werden in der Tat Schäden hinterlassen. Durch zusätzliche Hinweise werden die Reiter gebeten, den Bankettenbereich zu nutzen. Ich muss feststellen, dass Reiterinnen und Reiter sehr einsichtig sind.

Der Rheinisch Bergische Kreis hat gerade noch mal den besonderen Nutzen von Reitern im wirtschaftlich-touristischen Kontext betont und bietet sogar besondere Anreize für Reiter. Dort geht man davon aus, dass 4 Reiter/Pferde einen Arbeitsplatz sichern (siehe hier). Wäre es nicht sinnvoller, mehr Einnahmen durch einen Ausbau von Tourismus und Angeboten für Reiter zu erzielen, als diese mit einer Steuer zu belegen?
Ja, in der Tat würden in der Steuergemeinde Arbeitsplatzverluste entstehen.

 

Vielen Dank für das Gespräch und die Antworten, Herr Schmiedt.