Bauchgefühl oder Kalkulation? So findest du den richtigen Preis für deinen Stall

Bauchgefühl oder Kalkulation? So findest du den richtigen Preis für deinen Stall

Wenn du deinen Stall für Einstellpferde öffnest, musst du dir zwangsläufig über viele Dinge Gedanken machen. Die Preisfrage steht fast immer ganz oben auf der Liste. Wie viel darf ein Stallplatz kosten? Was ist zu teuer und was ist zu billig?
In diesem Artikel zeigen wir dir, wie du zu „deinem“ Preis findest und ganz am Schluss gibt es noch ein hilfreiches Werkzeug, das dir bei der Kalkulation hilft.

Was teuer oder billig ist, kann von Region zu Region und von Stall zu Stall sehr unterschiedlich ausfallen. Auf dem Land sind die Preise häufig deutlich geringer, als in Stadtnähe.
Fest steht jedoch: Ein guter Stall für Pferde kostet überall seinen Preis. Für Stallbetreibende und Einstellende.

Wie entstehen Stall-Preise?

Viele Stallbetreibende legen die Preise aus einer Mischung aus Bauchgefühl und einigen Grund-Kosten fest. Dabei braucht es gar nicht viel Arbeit, um Preise richtig zu kalkulieren. Das hat viele Vorteile und dann macht ein Stall allen Spaß: den Pferden, Stallbetreibenden und Einstellenden. Und am Ende des Monats bleibt noch etwas übrig für Investitionen.

Erste Analyse

Da jeder Stall in einer Region mit anderen Ställen im Wettbewerb steht, solltest du deine Preise nicht aus der Luft greifen. Analysiere zuerst, was dein eigener Stall alles bietet, damit du dein Angebot besser mit anderen Ställen in deiner Region vergleichen kannst.
Typische Fragen sind:
Wie sieht dein Angebot aus?
Was bietest du Einstellenden jeden Monat für ihr Geld?
Welche Services und Sonderleistungen gibt es bei dir?
Wie ist dein Haltungskonzept?

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Die Ausstattung deines Stalls bestimmt natürlich zu einem Großteil deinen Einstellpreis. Deswegen ist es wichtig, dein eigenes Angebot zu kennen, aber auch zu wissen, was deine Mitbewerbenden in deiner Region anbieten.

 

Marktbeobachtung

Als Stallbetreibende/r musst du zum Glück nicht mit Ställen weltweit konkurrieren. Deine Mitbewerbenden befinden sich in aller Regel in einem Umkreis von 20 bis 50 Kilometer um deinen Standort.
Umso wichtiger ist es deswegen, die Ställe im Umkreis zu kennen. Welche Ställe gibt es und was bieten diese für Leistungen an? Welche Preise werden dort verlangt?

Verbrauch

Um zu einem sauber kalkulierten Preis zu kommen, musst du zuerst alle deine Kosten erfassen, die in deinem Stall entstehen. Relativ einfach ist das bei den Verbrauchskosten für Wasser, Heu und Stroh. Entweder hast du schon Erfahrungswerte, wie viel ein Pferd pro Tag verbraucht oder die Fachliteratur hält entsprechende Werte bereit. Bist du dir nicht sicher, was für einen Wert du verwenden sollst, kannst du mit einem Mittelwert arbeiten. Beobachte dann in den ersten 6 bis 12 Monaten im laufenden Betrieb, ob dieser Wert in etwa stimmt. Du kannst deine Kalkulation mit den richtigen Werten noch einmal aktualisieren und deine Einstellpreise entsprechend anpassen.

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Mit 24/7-Weidegang wird gerne geworben, obwohl diese Haltungsweis unter gesundheitlichen Aspekten umstritten ist. Stallbetreibende können dadurch in der Weidesaison ihre Kosten massiv reduzieren, da in dieser Zeit kein Ausmisten oder Heu zu bezahlen ist. Wenn du ein gesünderes Haltungskonzept mit entsprechend mehr Kosten in deinem Stall hast, musst du gute Argumente dafür finden.
  

Große Posten & Abschreibungen

Geht es an die großen Posten in der Kostenaufstellung, zum Beispiel ein Traktor, ein Hoflader oder Stallgebäude und Land, wird es etwas komplizierter. Diese Posten werden über einen längeren Zeitraum in die Kalkulation eingerechnet. Das nennt man Abschreibung. Die Abschreibungsdauer ist unterschiedlich und steuerlich gibt es dazu z.B. die AfA-Tabellen (undefined), in die du einen Blick werfen kannst. Oder du fragst deinen Steuerberater, wie lange bestimmte Dinge abgeschrieben werden. Du kannst aber auch, da es ja hier erstmal „nur“ um die Preiskalkulation geht, den zu erwartenden Nutzungszeitraum ansetzen. So wird ein Hoflader ja in aller Regel nicht schon nach acht Jahren durch eine neue Maschine ersetzt, sondern die Geräte sind viel länger im Einsatz. Andererseits können steuerliche Gründe ins Spiel kommen, die eine so kurze Abschreibungsdauer attraktiv erscheinen lassen. Hier empfehlen wir dringend eine Beratung durch eine/n Steuerberater:in.
Bleibt die Frage, wie so eine Abschreibung funktioniert? Wenn du dir einen Traktor für 30.000 Euro gekauft hast und du möchtest diesen über zehn Jahre abschreiben, dann müsstest du also zehn Jahre lang 3.000 Euro in die Kosten deines Stalls einrechnen. Pro Monat wären das also 250 Euro. Wenn du 20 Einstellende in deinem Stall hast, wäre also der Anteil für den Traktor pro Einstellendem und Monat 12,50 Euro.
Du kannst natürlich einen Traktor auch über seine Betriebskosten in die Kalkulation aufnehmen und z.B. festlegen, dass eine Arbeitsstunde mit dem Traktor mit 50 Euro angesetzt wird. Würdest du z.B. pro Rundballen, den du in eine Raufe fährt, eine halbe Stunde benötigen, so würde das also mit 25 Euro zu Buche schlagen. Teilt man die wieder durch die 20 Einstellpferde, kostet es also pro Rundballen und Pferd 1,25 Euro.
Am besten führst du alle deine Gerätschaften in einer Tabelle mit Preisen und Abschreibungszeiträumen auf (weiter unten findest du einen Link zu einer Tabelle, die dir dabei hilft). Dadurch bekommst du eine gute Übersicht über deinen Betrieb und seine Kosten. Das hilft dabei, zukünftige Investitionen besser auf ihre Notwendigkeit und Rentabilität abzuschätzen.

 

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Neben Gebäuden und Maschinen ist auch der Zaunbau ein großer Posten auf der Kostenliste. Neben den reinen Anschaffungskosten solltest du auch einen jährlichen Betrag für Reparaturen und Erweiterungen einplanen.

Personalkosten

Neben den reinen Anschaffungs- und Betriebskosten von Maschinen kommen natürlich noch die Personalkosten dazu. So ein Traktor fährt sich ja nicht von selbst. Würden wir also bei dem Rundballen-Beispiel bleiben, dann kämen zu den Maschinenkosten noch 12,50 Euro für die Schlepperfahrerin oder den –fahrer dazu (bei einem angenommenen Stundenlohn von 25 Euro). Dies kann aber auch noch mehr sein, wenn beispielsweise Sozialabgaben für Angestellte dazu kommen und man nicht nur die eigene Arbeit rechnet.
Auch hier ist es empfehlenswert, einmal alle Arbeiten aufzuschreiben, den Zeitaufwand einzutragen oder zumindest abzuschätzen und diesen Posten einen Geldwert zuzuschreiben.
Neben der Arbeitszeit auf einer Maschine gibt es ja noch viele weitere Arbeiten auf einem Hof, die du in deine Kostenliste aufnehmen solltest.
Vergiss nicht, auch Krankheitszeiten, Urlaubszeiten und andere ungeplante Kosten mit einzurechnen, damit der Ausfall eines Mitarbeitenden nicht direkt in den Ruin führt.

Der ewige Kampf zwischen Hobby-, Leidenschaft- und Profession

Hat man all seine Kosten zusammengetragen und auf die Zahl seiner Einstellplätze verteilt, ist man oft erstaunt, welche Summen dabei entstehen. Die sind oft so hoch, dass sie nicht konkurrenzfähig erscheinen. Das liegt natürlich zum einen daran, dass viele Ställe einfach nicht ihre tatsächlichen Kosten berechnen. Insbesondere eigene Arbeitsleistungen werden häufig nicht einberechnet oder die Stallhilfen sind nicht angemeldet und werden schwarz bezahlt.
Für manche Stallbetreiber ist der eigene Stall auch nur eine Art von Hobby oder dient der Unterbringung der eigenen Pferde und dann mindert jeder zusätzliche Einsteller nur ein wenig die Kosten, die ja sowieso für die eigenen Pferde anfallen würden. Das reicht einigen durchaus schon aus als betriebswirtschaftliches Konzept.
Leider muss man mit solchen Angeboten konkurrieren und seine eigenen Preisen der regionalen Marktsituation anpassen.
Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, um auch gegen günstigere Anbieter wettbewerbsfähig zu bleiben. Schau dir als erstes deinen Kostenapparat an und prüfe, wo du noch Einsparpotenziale siehst. Ist es vielleicht langfristig günstiger, bestimmte Arbeiten durch den Einsatz von Maschinen zu erledigen? Kannst du Prozesse und Abläufe vereinfachen und so Zeit und Geld sparen?
Gibt es Dinge, die du ganz weglassen kannst? Oder bietet die gemeinsame Nutzung von Maschinen oder der gemeinsame Einkauf von größeren Mengen Möglichkeiten, an den Preisen zu drehen?

Positionierung

Doch irgendwann lassen sich Kosten nicht mehr reduzieren und an diesem Punkt geht es (spätestens) an die richtige Positionierung. Du musst dein eigenes Angebot klar herausarbeiten und kommunizieren. Wenn zum Beispiel die Ställe bei dir in der Gegend 24/7 Weidegang bieten und du den Weidegang kürzer hältst, weil das für die Pferde nun mal gesünder ist, dann musst du genau diese Vorteile aufzeigen. Die 24/7-Ställe sparen durch den permanenten Weidegang Kosten für Stallarbeiten und das Heu. Jetzt ist es deine Aufgabe, diesen Preisnachteil durch gute Argumente auszuhebeln und Interessierten Einstellenden deutlich zu machen, dass deine Art des Weidegangs für die Pferdegesundheit besser ist und es deswegen ein wenig mehr bei dir kostet.
Vielleicht hast du ja einen schönen Reitplatz, eine Halle oder andere Dinge, die kleinere Ställe nicht bieten. Stelle das gut heraus und werbe mit den Vorteilen, die dein Stall und das Stallkonzept bieten. Einen Porsche bekommst du ja auch nicht zum Preis eines Daccias – auch wenn beides Autos sind, die ihren Zweck durchaus erfüllen und dich von A nach B transportieren. Gesunde Lebensmittel kosten ebenfalls oft mehr Geld, als so manches Frittier-Fertig-Gericht.

Kalkulieren leicht gemacht – mit der Country-Reiten-Tabelle

Um dir den Einstieg in die Preisfindung leichter zu machen, haben wir eine Google-Tabelle zusammengestellt, in der du viele Kosten eines Stalls erfassen kannst. Am Ende erhältst du die Kosten, die in deinem Stall jeden Monat pro Pferd anfallen. In diesem Artikel zeigen wir dir, wie einfach du mit der Tabelle arbeiten kannst.

Kalkulationstabelle

Mithilfe der Country-Reiten-Kalkulationstabelle kannst du deine Kosten erfassen und erhältst am Ende eine Summe aller erfassten Kosten. Dies ist die Basis für deine Preisfindung. 

 

Fazit

Ein Blick auf Ausgaben und Einnahmen lohnt immer. Mit einer sauberen Kalkulation gelingt die Preisfindung sehr viel leichter. Schnell fallen zu hohe Kostenfaktoren auf und können verändert werden. Dadurch wird der eigene Betrieb nicht nur effizienter, sondern auch attraktiver für Menschen, die einen Platz für ihr Pferd suchen.
Wenn du deine Kostensituation kennst, hilft dir das bei vielen Entscheidungen. Der teure Hoflader wird plötzlich zur attraktiven Investition, weil du dadurch viel Zeit bei der Arbeit sparst. Dieser Zeit kannst du einen Geldwert entgegensetzen und siehst dann schnell, nach welcher Zeit sich die vermeintlich teure Maschine plötzlich rentiert.